Als ich das las, erinnerte ich mich an meine erste SM-Fete ... Oje, war
ich aufgeregt und hibbelig. Dabei war es nicht mal eine "offizielle" Party,
sondern eher eine privat organisierte sog. Channelparty. Nur trieben (und treiben) sich
auf diesem Channel halt ausschließlich SMler rum, und da hatte ich ja nun durch Zufall
entdeckt, dass ich wohl dazu gehöre. Mein "Outing" mir selbst gegenüber war
eine spaßige Angelegenheit, von Selbstzweifeln, schlechtem Gewissen oder Identitätskrise
keine Spur. Ich fand und finde SM und meine persönliche Einstellung dazu eigentlich immer
noch eher unterhaltsam als belastend. Mag daran liegen, daß es für mich bisher bei
theoretischer Auseinandersetzung geblieben ist, bzw. bei "praktischen"
Erfahrungen, die von den meisten wohl als Vanilla-SM bezeichnet würden. Regal, nochn Bier
an´n Nebentisch. Ich wollte meine Eindrücke schildern.
Also, ich ging dort wirklich mit sehr viel Neugier hin, weil ich endlich die Leute
kennenlernen wollte, die ich bisher nur aus dem Chat kannte. Wenn es nach mir gegangen
wäre, hätte sich die SM-Komponente der Fete gerne auf 0 beschränken dürfen. Meine
persönliche Spinnerei: Ich werde einfach ungern mit der Sexualität anderer Leute
konfrontiert, wobei sich diese Konfrontationsabneigung aber fast ausschließlich auf das
"Sehen" bezieht. Sonst wäre ich nicht auf dieser Liste [das Original ist
ein Mailinglistenbeitrag] und bestimmt nicht auf besagtem Channel. SM ja, aber
bitteschön möglichst nur in meinen eigenen vier Waenden *smile*
Ich fürchtete mich geradezu davor, unfreiwillig Zuschauer von SM-Spielen oder
-Spielchen irgendwelcher Art zu werden. Ich wußte, der Gastgeber hatte einen
"Keller". Und ganz bestimmt wollte ich nicht in diesen Keller, ganz
ganz ganz bestimmt nicht. Doch dazu später mehr... In den Nächten vor der Party hatte
ich Albträume. Einer dieser Träume ging so: Ich unterhielt mich mit einem Pärchen, die
ich wohl irgendwie aus dem Channel kannte. Sie war Sub, er Top. Dann sah sie mich an, und
sagte irgendetwas, und der Mann schaute sie strafend an und scheuerte ihr eine. Und ich
saß fassungslos da, und fiel in eine Art katatonische Starre, weil ich einfach nicht
wußte, was ich tun sollte. Der Kerl hatte seine Frau ins Gesicht geschlagen! Aber es sind
SMler, die dürfen das. Aber er hat sie geschlagen! Aber die dürfen das. Aber ... usw.
usf. ... gruselig, wirklich. Gottseidank nur ein Traum.
Aber ich bin ja ein großes Mädchen (*schulterklopf*), deshalb ging ich natürlich
trotzdem hin. Und dann war alles weder ganz anders, noch genauso, wie ich es mir
vorgestellt hatte. Die Frauen waren sehr schick, ästhetisch, anziehend, sexy gekleidet
(ich selber hatte mir eine schwarze Lederjeans und und irgendwas drüber gekauft, sehr
züchtig halt) und waren selbst für meine Heteroaugen eine Augenweide. Die Männer, naja,
wie Maenner so sind: unauffällig (aber in Schwarz) *frechgrins* Es klimperten lustig die
Handschellen, die eine oder andere Gerte wurde zischend durch die Luft (!) gezogen und es
wurde geplaudert, gelacht und geratscht. Wie auf einer ganz normalen Fete auch.
Den Keller hab ich mir angesehen, weil man mir versprach, es wäre niemand drin. Er war
duster, kalt und voller martialischer Gerätschaften, bei denen ich nicht mal einen
Schauer auf dem Rücken bekam. Dann hatte ich mein Soll an Tapferkeit erreicht und trollte
mich wieder nach "oben". Später am Abend wurde dieser Keller auch ausgiebig zum
Spielen genutzt, aber da bin natürlich (!) nicht mehr reingegangen, auch nicht aus
Neugierde.
Ich hab mich manchmal gelangweilt, meistens bestens amüsiert, und keiner meiner
Albträume ist wahr geworden. Es gab einige kleine Szenen, die auf einer
"normalen" Party nicht zu sehen sein würden, kleine Rangeleien oder
Machtspielchen, die ich aber sehr amüsant fand. Nichts zum Fürchten. Nichts, vor dem ich
mich geekelt hätte, nichts, bei dem mir unwohl geworden wäre. Einfach ein Haufen teils
sehr netter, teils mir gleichgültiger (weil ich sie nicht kannte und nicht dazu gekommen
bin, mich mit ihnen zu unterhalten) Leute und keiner gab mir das Gefühl, ich sei fehl am
Platze. Kein einziger. Ich war [zensiert], die vom Channel. Freundliche Aufnahme
allerorten. Ich fühlte mich sauwohl.
Die zweite Fete schildere ich euch nicht, sie war aber noch netter als die erste. Ich
hab meine ganz persönliche Umgangsform mit SM gefunden. Ich besuche SMler, teils freunde
ich mich mit ihnen an, ich rede gerne mit ihnen, ich höre ihnen gerne zu. Ich gehöre
irgendwie dazu, wenn auch nicht so "richtig" (meine und ihre
Einschätzung). Und ich gehe nicht auf Spielparties, ich gehe nicht auf
Fetischparties, und ich schaue mir keine Videos an, und ich beschränke
Informationen über mich und meine variantenlose (*grins*) Sexualität auf einige wenige
Leute, die ich persönlich kenne und sehr schätze.
Ich weiß nicht, ob ich da eine Ausnahme bin, aber das ist auch nicht wichtig. Was mir
wichtig war, war jemandem, der noch Berührungsängste hat, zu zeigen, daß man einfach
irgendwann einmal den ersten Schritt aus der Anonymität machen muß, um festzustellen,
wer die denn eigentlich sind: die SMler, zu denen man sich doch zugehörig fühlt. Ich
kann nicht garantieren, daß für andere das "erste Mal" nicht in einem
völligen Fiasko endet, aber das läßt sich vielleicht vermeiden, wenn man sich (wie ich)
vorher genau überlegt, was man sehen will und was nicht, wie weit man gehen kann, wo
seine/ihre Grenzen liegen. Und wenn man ein wenig zart besaitet ist, sollte man vielleicht
nicht gleich beim ersten Kontakt mit der Szene in einen Spielkeller auf der Carpe Noctem
schießen (auf der ich bis heute noch nicht war, und auch noch sehr lange nicht sein
werde). *smile*
F, 37 |